Zusammen mit der Oberschule Soltau organisieren die Mitglieder der Initiative „Soltau zeigt Geschichte“ eine Kunstausstellung in der Bibliothek Waldmühle. Sie erinnert an den Pogrom am 10. November 1938 in Soltaus Marktstraße 8. Die Ausstellung beginnt am 30. Oktober um 17 Uhr und läuft bis 8. November, 13 Uhr. Sie kann kostenfrei zu den Öffnungszeiten der Bibliothek Waldmühle besucht werden.
Der Künstler Gunter Demnig wird am 6. November um 9 Uhr morgens vor dem Gebäude Marktstraße 8 sieben Stolpersteine verlegen. Im Anschluss findet ab 10.30 Uhr ein feierlicher Sondertermin im Rahmen der Kunstausstellung statt. Aus Kalifornien kommende Angehörige der damals neunjährigen Ursula, Enkelin von Simon „Sally“ und Ida „Henny“ Lennhoff, reisen an und werden sich in der Bibliothek ins Goldene Buch der Stadt eintragen.
Die Ausstellung zeigt Bilder und Skulpturen von Schülerinnen und Schülern der Oberschule Soltau und der Künstlerin Dietlind Horstmann-Köpper, die die Gäste ab 10.30 Uhr durch den zweiten Teil des Vormittags führt. Die jungen Menschen haben sich eine Woche lang mit dem Soltauer Pogrom auseinandergesetzt. Dietlind Horstmann-Köpper hat den Schaffensprozess mit initiiert und teilweise begleitet. Selbst beschäftigt sie sich seit Jahren mit dem Thema „Erinnerung“, insbesondere mit der an jüdische Dichterinnen und Dichter und jüdische Künstlerinnen und Künstler sowie weitere Opfer. In der Waldmühle zeigt sie ein bereits fertiges großes Triptychon, das das Entree zu einer weiteren Ausstellung über die Familien Lennhoff und Feilmann bilden wird. „Ob die jetzige Ausstellung im Anschluss durch Soltau und den Heidekreis wandert, ist noch unklar, wäre aber wünschenswert“, so Mitglieder der Initiative „Soltau zeigt Geschichte“.
„Häufiger taucht ein Teddy in den Bildern und Skulpturen auf“, so Frau Mills, Geschichtslehrerin der Schülerinnen und Schüler, die zusammen mit Frau Killian, Kunstlehrerin, und weiteren die Projektwoche vor den Sommerferien betreute. „Das hängt mit den Zeitzeugen-Berichten zusammen“, so Barbara Meier, Historikerin und Sprecherin von „Soltau zeigt Geschichte". In ihnen wird geschildert, dass nach der Stürmung von Geschäft und Wohnung neben Betten, Mobiliar und Kleidung auch persönliche Gegenstände wie das Spielzeug der damals neunjährigen Ursula aus den Fenstern im ersten Stock auf die Straße geworfen wurde. Bei jedem Aufprall habe es aus der schnell anwachsende Menschenmenge triumphierend aufgejohlt. Nicht nur SA-Verbände, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, Lehrer und Schulklassen der heutigen Freudenthalschule seien Teil der Menge gewesen, sondern auch ganz normale Bürgerinnen und Bürger. Anfeuerungsrufe wie „Jude, verrecke!“ seien hämisch und lärmend aus der Masse gekommen. Die Vorstellung, dass die kleine Ursula alles, was ihr lieb und teuer war, auf der Straße landen sah, motivierte offenbar Schülerinnen und Schüler des Projekts, Teddybären in ihre Arbeiten einzubeziehen. 2013 schildert die damals 84-Jährige Ursula im Interview mit der Böhme-Zeitung, es sei das Ende ihrer Kindheit gewesen. Die Exponate zeigen deutlich, wie sehr sich die jungen Menschen mit der Person des Mädchens beschäftigt haben. Das Wissen um die Beziehung zu Lieblingsgegenständen wird ausdrucksstark und mit viel Einfühlung in Szene gesetzt.
Die Oberschule Soltau und die Initiative „Soltau zeigt Geschichte“ freuen sich, wenn möglichst viele die Zeit finden, nach der Stolperstein-Verlegung am Sondertermin der Ausstellung teilzunehmen. Der Besuch von Berufsbildenden Schulen aber auch von Klassen weiterführender Schulen des Heidekreises mit ihren Lehrerinnen und Lehrern ist ausdrücklich erwünscht.
Anhänge:
„Das war das Ende meiner Kindheit.“, Arbeit der Schülerin Anastasia, wurde zum Titelbild der Ausstellung
Menschenmenge vor dem gestürmten Gebäude Marktstraße 8, Arbeit der Schülerin Josephine
Nachbau des Gebäudes Marktstraße 8 (Zustand vor dem Pogrom), Arbeit der Schüler Luk, Nik, Marlon und Paul
Farbenfrohes Kleid und kein „Nichtsichtbarsein" für Ursula, Arbeit der Schülerin Hanna