Fotoausstellung, installiert mit Video, Mixed Media & Buch
Buchpräsentation bei der Vernissage, 6. November ab 18:00
Wer kennt noch Fahrende, die in jahrhundertealter Familientradition, die Kunst des Zirkus betreiben? Die Lebensweise ist seltener geworden, zumal in Zeiten, in denen Grenzen und Mauern neue, tödliche Bedeutung zukommt – besonders für Menschen in Bewegung. Die Fotoausstellung zeigt Bilder von Claudia Reiche aus den 1980er Jahren von Artistenfamilien und Mitreisenden des ‚Circus Royal‘, der damals in und um Hamburg tourte und auch auf dem angrenzenden Heiligengeistfeld gastierte. Nachfahren sind bis heute in Zirkus und Schaustellerei unterwegs – auch diese Situationen sind mit der Fotokamera begleitet.
Eine Grundfrage, die sich literarisch in einem Manifest durch die gesamte Ausstellung zieht, ist, wie abweichende Lebensweisen wahrgenommen werden. Denn ‚Zirkus' steht heute weniger für fliegende Menschen und den Traum von einem befreiten Leben. Stattdessen ‚fliegen Steine’ auf ‚Zirkus‘, der als Symbol eines unergründlich Anderen, gar eines gefürchteten oder gefeierten Bösen, populär geworden ist. Clownskostüme sind als Horrormasken beliebt, Politiker als inkompetente Clowns verhöhnt oder gewählt. Anders gesagt: ‚Zirkus‘ ist überall und Zirkus verschwindet mehr und mehr. Wo also ist die Manege?
Zu Gast in der Millerntorwache: Claudia Reiche: O | CIRCUS
Die Millerntorwache ist eine Außenstelle des Museums für Hamburgische Geschichte in Regie der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
Claudia Reiche
ist Künstlerin, Medienwissenschaftlerin und Kuratorin. Sie beschäftigt sich mit Fragen der Medialität, Psychoanalyse, Film und Bildkulturen sowie den epistemologischen, ästhetischen und politischen Auswirkungen digitaler Technologien. Seit vielen Jahren lehrt sie im theoretischen und künstlerischen Bereich und publiziert. Ebenso arbeitet sie an Netzprojekten, Film- und Fotoarbeiten, Ausstellungen und ist in feministischen und queeren Projekten aktiv.