Veddeler Fischgaststätte
© Malte Spindler

Dienst am Menschen – bloß mit Backfisch

Interview mit Gastronomin Marion Göttsche

Seit über 85 Jahren steht das Kultlokal im Hamburger Süden für solide Hamburger Fischküche. Man fühlt sich ein wenig in der Zeit zurückversetzt, wenn man die Gaststätte betritt, aber das ist auch kein Wunder, denn die Veddeler Fischgaststätte hat schon so einiges mitgemacht: Umzingelt von Bauzäunen, Schutt und Sandbergen lag das Lokal mitten in einer Großbaustelle. Zwischenzeitlich fürchtete Gastronomin Marion Göttsche um ihre Existenz. Doch die Hamburger wollten ihren Backfisch nicht aufgeben. Nun stehen die Gäste wieder Schlange. Wir haben sie interviewt.

Veddeler Fischgaststätte
© Malte Spindler
Völlig unaufgeregt leitet Marion Göttsche seit Jahren die Geschicke der Kultgaststätte.
Sagen Sie, fehlen hier nicht noch Messer auf den Tischen?

"Nee, hammwa nich'! Fisch isst man hier mit zwei Gabeln."

Wie kommt das?

"Als die Gaststätte 1932 gegründet wurde, gab es hier keine Fischmesser. Deswegen hat man einfach zwei Gabeln hingelegt. Schon mal probiert? Das geht ganz hervorragend."

Es ist noch nicht mal 11 Uhr. Wer isst denn um diese Zeit Backfisch?

"Das sind dann vor allem die älteren Herrschaften, die um fünf Uhr morgens aufstehen und schon wieder Hunger haben (lacht). Ich könnt's auch nicht."

Veddeler Fischgaststätte
© Malte Spindler
Rustikal und urig – Die Fischgaststätte steht für solide Hamburger Küche.
Ich hab’ gehört, dass in der „Boxe“ – dem Tisch ganz vorne am Tresen – nur echte Stammgäste sitzen dürfen. Wie viel Backfisch muss ich denn essen, bis ich dort Platz nehmen darf?                                                                                                                                                       

"Da müssten Sie schon jede Woche regelmäßig kommen, ungefähr zwei Monate, dann würd' ich mal sagen „okay“, ne."

Wer kommt denn hier so zum Fisch essen?

"Na ja, hier kamen schon immer der Blaumann und die Schlipsträger zusammen. Nur die älteren Stammkunden sterben leider nach und nach. Bis vor Kurzem sind hier noch die alten Ehepaare mit Kittelschürze gekommen, die eigene Zwiebeln mitgebracht und auf den Fisch geschnitten haben. Insgesamt ist das Publikum jünger geworden."

Woran liegt das?

"Ich bin mit der Zeit gegangen, hier gibt es jetzt nämlich auch einen Backfischburger. Davon sind die jungen Leute extrem begeistert. Als die Gaststätte Anfang des Jahres kurz vor dem Aus stand, haben einige sogar einen Aufruf über Facebook gestartet. Danach kamen dann aber so viele Menschen, dass ich sogar mal abschließen musste. So viel kann unser Ofen gar nicht auf einmal frittieren."

Der sieht ja auch ganz schön alt aus …

"Das ist unser Herzstück, von 1947! Der wird gehegt und gepflegt und nur mit Samthandschuhen angefasst."

Wissen Sie, wie viele Fischfilets da täglich drin frittiert werden?

"Ich weiß das, aber ich sag' das nicht."

© Timo Sommer / Lee Maas

Kult-Gaststätte im Hamburger Süden Veddeler Fischgaststätte

Diese Kult-Gaststätte in der Tunnelstraße 70 in Veddel versorgt seine Gäste seit mehr als 85 Jahren mit Fischspezialitäten.

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Na gut. Sie kommen eigentlich aus Berlin, sind dann 2003 nach Hamburg gezogen...

"Genau, der Liebe wegen bin ich nach Hamburg gekommen und habe die Gaststätte mit meinem Mann – jetzt Ex-Mann – übernommen. Er hat sich vor etwas mehr als zwei Jahren zur Ruhe gesetzt, seitdem mache ich das Geschäft alleine. Sagen wir mal so: Die Liebe ist weg, aber Hamburg bleibt." (lacht)

Darf ich Fragen wie alt Sie sind?

"Ist das wichtig?"

Och …

"Rüdiger (der Koch), hör mal weg … Ich bin 1960 in Berlin geboren. Dort habe ich Religion auf Lehramt studiert und dann erst als Lehrerin und später als Direktionssekretärin der Diakonie gearbeitet. Dienst am Menschen, sagt man da. Nichts anderes mache ich hier jetzt eigentlich in Hamburg: Dienst am Menschen, bloß mit Backfisch."

Hatten Sie denn vorher schon mal irgendwas mit frittiertem Fisch zu tun?

"Noch nie in meinem Leben. Das darf man eigentlich niemandem verraten, aber ich esse keinen Fisch." (lacht)

Ich gebe zu, ich auch nicht.

"Deshalb war der Einstieg hier auch schwer für mich, ich war ja branchenfremd. Aber „learning by doing“, sag ich immer. Die Familie Matthes, die den Laden damals gegründet hat, hat uns in einer kurzen Einarbeitungszeit die wichtigsten Dinge gezeigt. Und der langen Tradition wollte man dann natürlich auch gerecht werden. Die Fischgaststätte war ihr Leben."

Und Sie, was machen Sie so, wenn Sie nicht in der Fischgaststätte stehen?

"Och, ganz viel. Ich spiele Tennis, fahre viel Fahrrad, bin gerne unter Menschen und verreise. (Schaut auf die Uhr) Nichts für ungut, aber ich müsste jetzt wirklich was tun, sonst gibt's nachher keinen Doppelzentner Kartoffelsalat für die Gäste, ne."

Okay, vielen Dank und Tschüss!

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